Die Regulierungspraxis der Kfz-Haftpflichtversicherer wird von den Verkehrsanwälten unverändert negativ bewertet. Immer häufiger kürzen oder streichen Versicherungen systematisch Schadensersatzforderungen von schuldlosen Unfallopfern und hoffen, dass sie damit durchkommen. Angesichts leicht steigender Unfallzahlen im vergangenen Jahr und damit höherer Schadenssummen bei gleichzeitig geringeren Erträgen aus Kapitalmarktanlagen auf dem jetzigen Zinsniveau wächst der Druck auf die Versicherer, die Schadenskosten so niedrig wie möglich zu halten. Angesichts der fragwürdigen Regulierungsmethoden raten inzwischen auch viele Gerichte den Unfallgeschädigten, auch bei kleineren Schäden unmittelbar nach Schadeneintritt, einen Anwalt einzuschalten. Dr. Daniela Mielchen, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) e.V., nimmt Stellung zur Schadensteuerung der Kfz-Versicherer, warnt vor versteckten Tricks und gibt Tipps, wie sich Betroffene dagegen schützen können.
Frau Dr. Mielchen, zunächst ein kurzer Blick auf das Ergebnis der jüngsten Forsa-Umfrage zu diesem Thema. Danach war die Mehrheit der unverschuldet an einen Verkehrsunfall Beteiligten mit dem Regulierungsverhalten der gegnerischen Kfz-Versicherung zufrieden. Widerspricht das nicht den Erfahrungen der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht?
Nein, absolut nicht. Es ist davon auszugehen, dass die meisten Geschädigten nicht wissen, was ihnen alles zusteht, deshalb ist dieses Ergebnis nicht überraschend. Wenn die betroffenen Autobesitzer aber gewusst hätten, auf welche Leistungen sie Anspruch haben, dann wären wahrscheinlich nahezu 100 Prozent mit der Schadenregulierung nicht zufrieden gewesen.
Die Versicherer setzen zum Teil für den Geschädigten ersichtlich den Rotstift an und streichen oder kürzen zum Beispiel bestimmte Positionen auf Reparaturrechnungen. Sie arbeiten aber auch mit versteckten Tricks, richtig?
Die Sachbearbeiter sind darauf geschult, systematisch zu kürzen, ob unberechtigt oder nicht, ob offen oder verdeckt. Es ist also immer Vorsicht geboten, denn die Versicherung verfolgt natürlich andere Ziele als das Unfallopfer. Bestimmte Vorgehensweisen, das möchte ich betonen, grenzen nach meiner Meinung schon an Betrug. Ich denke hier vor allem daran, dass den Betroffenen falsche Auskünfte bezüglich der Wahl eines eigenen Gutachters oder der eigenen Werkstatt gegeben werden. Solche Praktiken sind schon sehr übel.
Wo wird ersichtlich am häufigsten gekürzt oder gestrichen?
Typische Positionen sind die schon genannten Werkstattrechnungen, des Weiteren die Transportkosten von der Werkstatt zu einer Lackiererei, die Wertminderung des verunfallten Fahrzeugs, die Mietwagenkosten und so weiter.
Was gehört zum Beispiel in die Kategorie „Tricks“?
Ein prominentes Beispiel ist das Thema Gutachter. Wenn die Versicherer einen Sachverständigen zur Begutachtung des Unfallschadens beauftragen, dann handelt es sich, wie man denken könnte, nicht um eine neutrale Firma. Folglich taucht in vielen Versicherungsgutachten auch nicht immer alles auf, was dem Geschädigten zusteht, oder es werden Beträge angesetzt, die deutlich zu niedrig sind. Wer sich nur darauf verlässt und keinen eigenen Gutachter beauftragt, bekommt seinen Schaden sicher nicht voll ersetzt. Das sind keine Einzelfälle, sondern die übliche Praxis. Bei einem besonders drastischen Fall hatten wir neulich ein Versicherungsgutachten vorliegen, das den eigentlichen Schaden von 40.000 Euro mit 20.000 Euro beziffert hatte. Wichtig zu wissen ist, dass Geschädigte auf Kosten der gegnerischen Versicherung selbst einen Gutachter bestellen können. Nur bei einer Teilschuld am Unfall müssen sie ggf. einen Anteil selbst bezahlen, wenn eine Haftungsquote vorliegt und zudem keine Vollkaskoversicherung abgeschlossen wurde.
Wie zuvor schon gesagt, längst raten auch Gerichte den Unfallgeschädigten zur Einschaltung eines Anwalts. Wann sollte das geschehen, und wer bezahlt die Anwaltskosten?
Am besten wendet sich ein Geschädigter gleich nach dem Unfall an einen Fachanwalt, schaltet ihn also von Anfang an ein. Passiert das zu einem späteren Zeitpunkt, kann das Risiko irreparabler finanzieller Nachteile bestehen. Der Anwalt stellt umgehend sicher, dass alle legitimen Ersatzansprüche seines Mandanten geltend gemacht werden. Wer schuldlos in einen Unfall verwickelt war, braucht übrigens den Anwalt nicht zu bezahlen. Die Anwaltskosten müssen von der gegnerischen Versicherung getragen werden.
Wie „tricksen“ Kfz-Versicherer?
* Durch eine zügige Kontaktaufnahme mit dem Geschädigten soll erreicht werden, dass sich der Geschädigte erst gar nicht über seine Rechte informiert. So können die Versicherungen viele Ansprüche unter den Tisch fallen lassen, ohne dass es bemerkt wird.
* Von speziell geschulten Sachbearbeitern und Prüffirmen werden Schadenpositionen zunächst einmal systematisch und unberechtigt gekürzt und/oder zurückgewiesen. Es wird abgewartet, wie der Geschädigte reagiert. Hier wird auf seine Scheu zu klagen gesetzt.
* Versicherer informieren den Geschädigten nicht über alles, was ihm zusteht. In Extremfällen werden sogar falsche Auskünfte gegeben, z.B. was seine sogenannte Schadenminderungspflicht oder die Beauftragung eines Gutachters oder einer Werkstatt betrifft.
* Durch die Einholung externer Prüf- und Gegengutachten wird „Neutralität“ vorgetäuscht. Diese handeln jedoch im Interesse der Versicherung und versuchen die Schadenkosten so niedrig wie möglich auszuweisen.
* Die Versicherung zögert die Regulierung hinaus und hofft, dass der Geschädigte schließlich einen geringeren Schadensersatz als ursprünglich gefordert akzeptiert.
Wie können sich schuldlose Unfallopfer schützen?
* Dem Versicherer nicht aus Bequemlichkeit weitgehende Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Schadenregulierung einräumen. Er ist nicht Partner des Geschädigten, sondern will die maximal mögliche Ersparnis für sich selbst herausholen.
* Von Anfang an einen Fachanwalt kontaktieren, der ausschließlich die Interessen des Geschädigten vertritt. Die Anwaltskosten müssen von der gegnerischen Versicherung übernommen werden. Die Schadenhöhe spielt dabei keine Rolle.
* Sämtliche Schadenersatzansprüche mit Hilfe des Anwalts umgehend bei der gegnerischen Versicherung anmelden; zu einem späteren Zeitpunkt kann es zu irreparablen finanziellen Nachteilen kommen.
* Zur Begutachtung eines Schadens ab ca. 1.000 Euro immer einen eigenen Sachverständigen beauftragen. Die Gutachterkosten müssen von der gegnerischen Versicherung getragen werden.
Hinweis: Lesen Sie bitte zu diesem Thema auch die Presseinformation.
Über die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins wurde 1979 gegründet. Ihr gehören knapp 6.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte an. Die Arbeitsgemeinschaft unterstützt ihre Mitglieder in vielerlei Hinsicht: Sie bietet regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen an und informiert ihre Rechtsanwälte zum Beispiel über die neuesten Entwicklungen des Verkehrsrechts – zum Vorteil ihrer Mandanten. Seit mehr als 40 Jahren setzen sich die Verkehrsanwälte in den Gremien des Deutschen Verkehrsgerichtstages in Goslar für die Rechte der Geschädigten ein und nehmen im Verkehrsrechtsauschuss des Deutschen Anwaltvereins zu allen wichtigen Gesetzesvorhaben Stellung. Die Homepage der Arbeitsgemeinschaft www.verkehrsanwaelte.de verdeutlicht die Vorteile des anwaltlichen Rats in Verkehrsrechtsfragen und ermöglicht potentiellen Mandanten eine schnelle und konkrete Anwaltssuche. Gerade Unfallgeschädigten bieten Verkehrsanwälte zahlreiche Möglichkeiten. Die Erfahrung zeigt: Diejenigen, die durch einen Verkehrsanwalt vertreten werden, erzielen regelmäßig einen deutlich höheren Schadenersatz als Geschädigte, die die Regulierung selbst in die Hand nehmen.
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